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Digital Adoption: Kultur und Lernen als Erfolgsfaktoren

Stell dir vor, dein Unternehmen investiert in die neueste Technologie, aber irgendwie kommt der Durchbruch nicht? Das ist ein überraschend häufiges Problem! Viele denken, Digitalisierung sei rein technisch, aber weit gefehlt! Sage und schreibe 70% der Digitalisierungsvorhaben scheitern nicht an der Technik, sondern an ungelösten kulturellen und lernbezogenen Hürden. Es geht eben nicht nur darum, neue Software einzuführen, sondern darum, dass die Menschen ihre Arbeitsweise ändern – und das ist oft leichter gesagt als getan.

Digital Adoption ist mehr als nur Software installieren. Es ist ein umfassender Veränderungs- und Lernprozess, bei dem jeder im Unternehmen das Potenzial der digitalen Werkzeuge versteht, sie annimmt und optimal nutzt, um gesteckte Ziele zu erreichen und Innovationen voranzutreiben. Es ist ein Mentalitätswandel, eine organisationweite kulturelle Transformation, keine reine IT-Sache.

1. Die Illusion der Technologiezentrierung

IT-Projekte fokussieren typischerweise auf Systemeinführung und Feature-Rollouts, vernachlässigen aber die menschliche Dimension der Veränderung:

• Lernparadox: Neue Tools erfordern Kompetenzaufbau, doch traditionelle Schulungskonzepte, z.B. einmalige Workshops, ignorieren die Ebbinghaus-Vergessenskurve – 90% des Gelernten geht innerhalb eines Monats verloren.

• Kulturelle blinde Flecken: Technologische Lösungen stoßen auf informelle Normen wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Digitalisierung bedroht Arbeitsplätze“.

• Leadership-Support: 83% der Change-Initiativen scheitern laut McKinsey an mangelnder Vorbildfunktion des Managements.


Die Einführung von M365 zum Beispiel scheitert nicht an SharePoint, sondern an Mitarbeitenden, die weiterhin E-Mail-Anhänge verschicken, weil kollaborative Arbeitsweisen nicht in der Unternehmens-DNA verankert sind.

2. Lernkultur als Erfolgsfaktor: Beyond Training

Eine transformative Lernkultur ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Digitale Adoption und geht weit über traditionelle Schulungsmaßnahmen hinaus. Während klassische Ansätze oft auf einmalige Schulungen und Top-down-Wissensvermittlung setzen, beinhaltet eine effektive Lernkultur unter anderem kontinuierliches Microlearning am Arbeitsplatz, Peer-to-Peer-Lernen in Communities, psychologische Sicherheit für Experimente und die Förderung von kritischem Denken im digitalen Kontext anstelle reiner technischer Bedienkompetenz. Eine solche Kultur berücksichtigt auch neuropsychologische Erkenntnisse, wie die negativen Auswirkungen von Stress auf nachhaltiges Lernen.


Lernen unter Stress, zum Beispiel durch überstürzte Go-lives, aktiviert die Amygdala und blockiert den Hippocampus – nachhaltige Wissensspeicherung wird unmöglich.

3. Glaubenssätze als Transformationsblockaden

Verschiedene dominante Glaubenssätze können die Digitale Adoption erheblich erschweren. Dazu gehören zum Beispiel:

Kontrollillusion – Festhalten an linearen und vorhersehbaren Prozessen
Expertenillusion – die Annahme, dass digitale Tools Erfahrungswissen ersetzen
Opfermentalität – die Erwartung, dass die IT alle Lösungen liefert, anstatt Eigenverantwortung zu übernehmen
Überforderung – die Angst davor nicht mithalten zu können und die Annahme, dass man nicht ernst genommen wird, wenn man Fehler macht


Diese unbewussten Überzeugungen können sich in Verhaltensweisen wie passivem Widerstand oder symbolischer Compliance äußern.

Mögliche Hebel für nachhaltige Veränderung als Ergebnis einer Standortbestimmung und Lernkulturanalyse:

Cognitive Reframing: Umdeutung von „Digitalisierung als Bedrohung“ zu „Digitale Tools als Empowerment“ durch Storytelling mit Personas

Fehlerkultur: Systematisches Analysieren von „intelligenten Fehlern“ in Retrospektivens

Just-in-Time-Support: Integration von DAPs (Digital Adoption Platforms) mit kontextsensitiven Hilfen direkt in Arbeitsabläufe

Lernökosysteme: Kombination aus Micro-Credentials, Job-Rotationen und Innovation Labs

Visible Commitment: Führungskräfte demonstrieren öffentlich eigene Lernprozesse (z.B. Video-Logs zu Herausforderungen mit neuen Tools)

Metrische Verknüpfung: Verbindung von Lern-KPIs mit strategischen Zielen

Fazit: Vom IT-Projekt zum kulturellen Organismus

Digital Adoption misslingt, wenn sie als technokratischer Akt statt als evolutionärer Kulturwandel begriffen wird. Nachhaltige Veränderung erfordert wiederholte positive Erfahrungen in psychologisch sicheren Umgebungen. Unternehmen müssen daher Lernräume und Experimentierräume schaffen, in denen digitale Tools nicht implementiert, sondern sozial konstruiert werden. Nur wenn Mitarbeitende Technologie als Ausdruck ihrer eigenen Problemlösungskompetenz begreifen, werden sie aktiver und gestaltender Teil der Digitalisierung.

Die Alternative ist ein Teufelskreis aus technologischen Investitionen und kultureller Stagnation – ein Risiko, das keine Organisation im digitalen Zeitalter tragen kann.

Für die Zukunft gilt: Menschen, Wissen und Kultur sind die wichtigsten Treiber der digitalen Transformation. Unternehmen, die auf lebenslanges Lernen setzen und in die digitalen Fähigkeiten ihrer Belegschaft investieren bleiben wettbewerbsfähig. Es geht darum, die Interaktion zwischen Mensch und Maschine so natürlich wie möglich zu gestalten.